Häufig wird gepredigt, dass keine Erwartungshaltung beim Hund entstehen soll, denn dies könnte Stress und Frust auslösen und außerdem auch zu einem anstrengenden Problem werden. Aber ist das immer so? Wann ist sie förderlich und wann ist es zu viel und wie erkenne ich, wann ich wie trainieren sollte? Auf dieses Thema wollen wir in diesem Blogartikel eingeben und Dir viele hilfreiche Tipps für Dein Training verraten.
Was ist mit der Erwartungshaltung beim Hund gemeint?
Inhaltsverzeichnis
Im Training wird häufig von einer Erwartungshaltung beim Hund gesprochen. Gemeint damit ist, dass Dein Hund an etwas eine bestimmte Erwartung knüpft. Gerne möchten wir Dir ein paar Beispiele nennen – ohne diese an dieser Stelle bereits zu bewerten:
- Du nimmst die Leine in die Hand und Dein Hund verbindet damit, dass der Spaziergang ansteht
- Dein Hund darf ins Auto einsteigen und verbindet damit anstehende Action (zum Beispiel Hundesport, Hundeschule oder andere Aktivitäten)
- Du hast Deinen Hund immer für etwas belohnt und erwartet bei Ausführung auch weiterhin ein Leckerli
- Ihr macht Mantrailing und Dein Hund verknüpft mit dem Anlegen eines bestimmten Hundegeschirrs, dass er nun trailen darf
- Dein Hund hat gelernt, dass er am Hundehalsband bei Dir läuft und angeleint am Geschirr auch schnüffeln gehen darf. Das Umstecken der Leine vom Halsband zum Geschirr und andersrum verbindet er mit einer Erwartung
- Kriegt Dein Hund immer etwas vom Tisch? Dann entsteht eine Erwartungshaltung und er könnte mit dem Betteln anfangen
Das waren nun ein paar einfache Beispiele. Ob Dein Hund eine Erwartung verknüpft, ist von Hund zu Hund unterschiedlich. Und auch die Intensivität varriert.
Ist eine Erwartung förderlich oder hinderlich?
Auch wenn Dich die Antwort vielleicht nicht zufriedenstellt, aber sie lautet: Das kommt darauf an. Häufig wird eine Erwartungshaltung beim Hund schlecht geredet. Aber sie kann auch sinnvoll sein und gefördert werden.
Hierzu möchten wir die oben genannten Beispiele kurz beleuchten: Wenn Dein Hund gelernt hat, dass er für eine bestimmte Handlung immer eine Belohnung erhält, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass er diese Handlung auch weiterhin zuverlässig ausführt. Das kann vor allem beim Rückruftraining eine Lebensversicherung sein – sofern richtig trainiert.
Hat Dein Hund gelernt, dass der Griff zur Leine Spaziergang bedeutet, kann das entweder förderlich sein, da Dein sonst eher genügsamer Hund in Bewegung kommt. Es kann aber auch dazu führen, dass Dein Hund überdreht und fordernd wird.
Dementsprechend solltest Du Deinen Hund gut kennen und schauen, wann Du eine Einstellung von Deinem Hund wünschst und wann es zur „Baustelle“ wird. Deswegen solltest Du unsere Tipps auch bitte individuell verstehen – nicht jeder Trainingsansatz ist für jeden Hund geeignet. Im Zweifel solltest Du Dir lieber immer einen Hundetrainer vor Ort suchen, der sich ein Bild von der Situation machen und Tipps geben kann.
Erwartungshaltung beim Hund im Hundesport
Grundsätzlich ist es aber nicht sinnvoll, die Erwartungshaltung beim Hund zu verteufeln. Spätestens, wenn Du mit Deinem Hund im Hundesport aktiv bist, möchtest Du ja eine bestimmte Arbeitseinstellung haben und diese kannst Du durch eine positive Erwartungshaltung beim Hund erreichen.
Hilfreich ist hier allerdings, wenn Du an der Frustrationstoleranz beim Hund und an der Impulskontrolle mit Deinem Vierbeiner arbeitest, damit Dein Hund im Training ansprechbar bleibt und nicht vollkommen außer Rand und Band gerät. Denn ist die Erwartungshaltung beim Hund zu hoch, kann sich dies negativ auf die Konzentration auswirken und im schlimmsten Fall je nach Hundesport auch zu Verletzungen und Unfällen führen. Es soll also eine Vorfreude sein, Dein Hund soll arbeiten wollen und dabei konzentriert bleiben.
Erwartung vs. Frust
Wir halten also fest, dass eine gewisse Erwartungshaltung beim Hund etwas Gutes ist und keineswegs immer wegtrainiert werden muss. Eine posititive Vorfreude auf etwas ist ein schönes Gefühl und hilft dabei, dass Dein Hund motiviert mit Dir zusammenarbeitet.
Wenn eine Vorfreude jedoch nicht erfüllt wird, kann das schnell zu Frust führen. Und das ist der Punkt, an dem es schwierig wird. Denn in Frust kann man sich so richtig schön hinein steigern – das kennst Du doch bestimmt auch? „Lass mich, ich muss mich da jetzt reinsteigern“.
Bedeutet also für Dich, dass nicht die Erwarungshaltung beim Hund ein Problem ist, sondern der eventuell damit einhergehende Frust, wenn die Erwartung nicht erfüllt wird. Natürlich ist jeder Hund anders. Dementsprechend musst Du individuell entscheiden, was für Dich im Alltag wichtig ist.
Erwartungshaltung beim Hund – 10 Tipps fürs Training
Damit Du es etwas einfacher mit einigen Baustellen hast, möchten wir Dir gerne wie immer einige sinnvolle und hilfreiche Tipps mit auf den Weg geben, damit Du checken kannst, ob es bei Euch bereits gut läuft oder ob Du vielleicht noch das ein oder andere üben könntest.
Alle ziehen an einem Strang
Ein großes Problem in der Hundeerziehung ist oft, dass es Sabotage im eigenen Haushalt gibt. Irgendjemand hält sich nicht an die Regeln und so kannst Du manchmal noch so viel trainieren: Das Problem bleibt bestehen. Daher ist es wichtig, dass Du Dich mit allen Beteiligten an einen Tisch setzt und die Regeln besprichst. Mache deutlich, dass es nur gemeinsam geht und jeder seinen Teil dazu beitragen muss.
Konsequenz ist das A und O
Lernt Dein Hund, dass auf ein bestimmtes Verhalten immer die gleiche Antwort kommt, so wird er dies als verbindlich ansehen und schneller Grenzen akzeptieren. Er wird Dich als verlässlichen Partner ansehen, der weiß, was er will (oder was eben nicht). Daher ist Konsequenz das Zauberwort in der Hundeerziehung.
Und ja, es ist nicht immer leicht, diesem zuckersüßen Blick des Vierbeiners standzuhalten. Das geht uns allen so. Aber es wird Dir sehr helfen und Euer Zusammenleben entspannter gestalten.
Gewohnheiten durchbrechen
Häufig wird die Erwartungshaltung beim Hund ein Problem, wenn es immer die gleichen Abläufe gibt. Ein Beispiel: Du gehst zur Garderobe, ziehst Deine Jacke an, holst die Leine und das Halsband und schon geht es los auf den Spaziergang. Dein Hund ist aufgeregt und startet bereits mit einem hohen Erregungslevel, was sich negativ auf einen entspannten Spaziergang auswirken kann.
Deswegen ist es hilfreich, wenn Du nicht immer die gleichen Routinen nutzt – oder diese Routinen machst, ohne, dass im Endeffekt etwas passiert. Gehe einfach mal so zur Garderobe, ziehe die Jacke an und setz Dich in der Jacke wieder hin oder ziehe sie wieder aus. Hole die Leine und lege sie neben Dich. Je mehrfach hin und her. So lernt Dein Hund, dass der Weg zur Garderobe nicht automatisch heißt, dass nun Action angesagt ist.
Gleiches gilt auch für das Auto: Bringe Deinen Hund ins Auto und hole ihn direkt wieder raus. Fahre mit Deinem Hund ein Stück, halte an, fahre weiter. So lernt er, dass das Auto auch mal langweilig ist (oder besser gesagt: Das Ziel ist langweilig).
Variiere die Fütterungszeiten
Viele behaupten, dass Hunde kein Zeitgefühl haben. Komischerweise können aber viele Hunde genau dann Bescheid sagen, wenn Fütterungszeit ist (oder wäre). Kennst Du das Thema?
Wenn Dein Hund in dieser Zeit eine zu hohe Erwartungshaltung hat und dann penetrant wird, kannst Du die Zeiten auch immer mal etwas variieren. Zumindest dann, wenn Dein Hund grundsätzlich kein Problem damit hat. Einige Hunde benötigen zu festen Zeiten ihr Futter – vor allem dann, wenn sie einen sensiblen Magen haben.
Wiederholungen
Wiederholungen führen zu Kontinuität. Sowohl beim Erlernen von bestimmten Kommandos oder Hundetricks als auch zum Abgewöhnen einer Erwartungshaltung beim Hund. Wenn Du die oben genannten Punkte häufiger wiederholst, lernt Dein Hund eher, dass er kein hohes Erregungslevel haben muss.
Frustrationstoleranz & Impulskontrolle
Ein Hund muss lernen, mit Frust umzugehen und auch mal seine Impulse zu kontrollieren. Deswegen sind die Frustrationstoleranz beim Hund sowie die Impulskontrolle beim Hund wichtige Elemente im Hundetraining. Da diese Themen sehr umfassend sind, verlinken wir Dir unsere Beiträge mit Trainingstipps.
Erwartungshaltung beim Hund – sorge für ausreichend Ruhezeiten
Ein unausgeschlafener Hund ist oft fordernder, unruhiger und reaktiver. Deswegen ist es wichtig, dass Du auf ausreichend Ruhezeiten für Deinen Hund achtest. Viel Schlaf führt maßgeblich zu einem entspannteren Tag bei.
Lies Dir hierzu gerne mal unseren Beitrag zum Thema Deckentraining durch. Dort erfährst Du, wie wir es machen ohne dass beim Training erst eine Erwartungshaltung beim Hund entsteht.
Beschäftigung gegen Langeweile beim Hund
Ein Hund sollte lernen, auch mal mit Langeweile umzugehen. Dennoch ist es natürlich genauso wichtig, dass Du Deinem Vierbeiner eine artgerechte Beschäftigung anbietest. Was artgerecht und was sinnvoll ist, ist individuell von Deinem Hund abhängig. Stumpfes Ballwerfen ist aber bei keinem Hund sinnvoll und führt schnell zu Suchtverhalten beim Hund.
Viele Hunde lieben Nasensuchspiele oder das Apportieren. Alternativ kannst Du auch Hundetricks oder das Medical Training üben.
Und natürlich ist es auch mal vollkommen in Ordnung, wenn Du an einem Tag nur „normal“ spazieren gehst.
Ein körperlich und geistig zufriedener Hund wird weniger „Forderungen“ stellen :-)
Erwartungshaltung beim Hund – welche Belohnung sollte ich im Training nutzen
Eine heiße Diskussion, die immer wieder aufflammt: Welche Belohnung ist die richtige? Die einzig korrekte Antwort darauf lautet: Das kommt ganz darauf an. Denn manche Hunde mögen Körperkontakt als Belohnung, andere nicht. Manche nehmen im Training Futter an, andere nicht. Einige Hunde lieben ein bestimmtes Spielzeug und einigen ist es total egal.
Sollte Dein Hund sich aber auf verschiedene Dinge einlassen, ist ein toller Tipp, die Belohnungen zu variieren. So kann Dein Hund sich nicht auf eine bestimmte Belohnung einstellen und Du bleibst für ihn zudem noch besonders interessant.
Hinterfrage Dich selbst
In vielen Dingen spiegeln uns unsere Hunde. Was Dich an Deinem Hund stört, ist etwas, was Dich eigentlich an Dir stört. Und nur deswegen fällt es Dir beim Hund auch so sehr auf. Deswegen ist ein hervorragender Ratschlag auch immer, dass Du Dich und Dein Verhalten selbst hinterfragst.
In den meisten Fällen reicht es schon, das eigene Verhalten zu ändern, um einen Effekt beim Hund zu erzielen. Denn in den seltensten Fällen sind die Hunde die Baustellen, sondern wir selbst.
Fazit: Eine Erwartungshaltung beim Hund hat zu unrecht einen schlechten Ruf
Wie Du siehst, ist eine Erwartungshaltung beim Hund nicht immer direkt negativ zu bewerten. Denn durch eine gewisse Vorfreude ist Dein Hund motivierter, auch etwas zu lernen oder mit Dir etwas zu erleben. Problematisch wird es erst dann, wenn die Erwartung in Frust umschlägt. Daher ist es zum einen hilfreich, einige Regeln aufzustellen und diese konsequenzt zu verfolgen. Außerdem solltest Du immer ma wieder daran trainieren, dass Dein Hund ein gewisses Maß an Frust aushalten kann.
Hast Du bereits Erfahrungen mit diesem Thema gemacht und möchtest davon berichten? Oder hast Du Fragen und wir können Dir Tipps geben? Dann hinterlasse uns gerne ein Kommentar und wir antworten Dir schnellstmöglich.
Bildnachweise: Depositphotos.com Border Collie Agility Jump @ beardeb und Dog begging @ damedeeso
Guten Tag,
wir haben eine Bolonka Zwetna im Alter von 4 Jahren. Seit ein paar Monaten haben er und wir ein Problem. Sobald wir mit dem Auto anhalten und unsere Sicherheitsgurte öffnen, fängt er an laut zu bellen. Wir können ihn nicht beruhigen. Wir warten dann, bis er sich beruhigt hat und öffnen erst dann die Autotüren. Sobald wir die Türen öffnen, geht das laute Gebell wieder los. Wir steigen dann aus und warten, bis er ruhig ist. Erst dann darf er aussteigen. Er müsste doch inzwischen gelernt haben, wenn er ruhig ist, darf er raus. Er macht aber leider immer wieder diesen Terror. Was machen wir falsch?
Liebe Uschi, ich würde denke ich mehr mit Wiederholungen arbeiten. Sehr wahrscheinlich kann er das Verhalten nicht verknüpfen. Deswegen könnte er in kürzerer Zeit mehr Wiederholungen benötigen. Startet vielleicht erst zu Hause. Setzt Euch ins Auto, startet das Auto, schaltet es aus wieder an und aus und so weiter. Ihr könnt ihn auch einfach mal ins Auto „packen“ und ihn danach direkt wieder aussteigen lassen, sodass einfach nichts passiert. Leider geht es wesentlich schneller, dass sich ein Hund soetwas angewöhnt als die Abgewöhnung. Bleibt dran, ich bin mir sicher, dass Ihr es irgendwann schafft. Liebe Grüße, Wiebke