Ein Thema, was wahrscheinlich die ganze Hundenation spaltet, ist das Thema Hundekontakte. Braucht ein Hund wirklich soziale Kontakte? Was mache ich, wenn mein Hund dabei aggressiv ist? Geht vielleicht Qualität vor Quantität? Und muss mein Hund wirklich jeden Hund begrüßen? In diesem Beitrag wollen wir darauf eingehen und Dir unsere Meinung dazu mit auf den Weg geben.
Hundekontakte – wie viele sozialen Kontakte benötigt ein Hund?
Inhaltsverzeichnis
Hunde sind sehr soziale Tiere. Sie brauchen sozialen Kontakt (zumindest fast alle). So viel steht schon mal fest. Allerdings vergessen viele, dass auch wir Menschen ein Sozialpartner für unsere Hunde sind. Zwar würden Hunde ohne den Einfluss des Menschens in einer sozialen Struktur aufwachsen. Aber hier entsteht bereits das erste Problem: Sie wachsen nicht in ihrem Familienverband auf.
Die Aussage, dass Hunde grundsätzlich Rudeltiere sind, stimmt somit nicht so ganz. Schaust Du Dir Straßenhunde an, ist es selten, dass diese wirklich in einem Rudel leben. In manchen Fällen leben sie mit Geschwistern zusammen oder sie „verbrüdern“ sich mit einem Artgenossen. Große Rudel außerhalb einer Familie sind selten. Das ist nicht verwunderlich, denn ihre Ahnen, die Wölfe, leben auch in einer Sozialstruktur meistens innerhalb einer Familie.
Daher ist die Frage durchaus gestattet, wie viel Hundekontakte Dein Vierbeiner wirklich braucht. Und die Antwort ist nicht eindeutig. Eine artgerechte Haltung bedeutet, dass Du Deinem Hund Hundekontakte, also Sozialkontakte zu anderen Hunden, bietest. Doch nicht jeder Hundekontakt ist immer gut. Einige Hunde verzichten sogar gerne auf jeglichen Kontakt zu (fremden) Hunden, weitere wollen nur Kontakte zu den ihnen bekannten Hunden und wieder andere kommen gefühlt mit jedem anderen Hund klar.
Hundesozialkontakte sollten also individuell abhängig von Deinem Hund sein. Dennoch sind diese Sozialkontakte wichtig, denn Hunde untereinander kommunizieren anders als mit uns Menschen.
Mein Hund mag keine fremden Hunde – ist er unsozial?
In vielen Fällen ist ein Hund nicht ausreichend sozialisiert, wenn er auf andere Hunde besonders aggressiv reagiert. Aber auch dies sollte nicht pauschalisiert werden. Viele andere Gründe können hinein spielen, wenn ein Hund keinen Kontakt zu anderen Artgenossen will. So kann dies aus einem Trauma entstehen, zum Beispiel eine schlechte Erfahrung wie einem Beißvorfall. Einige Hunde sind vom Charakter her eher unsicher und ängstlich. Aber auch die Rasse (Veranlagung), das Alter oder die Gesundheit können wichtige Einflussfaktoren sein.
Überlege also gut, ob Du einen Hund und seinen Hundebesitzer wirklich direkt in eine Schublade steckst. Nicht jeder Hund ist gleich und vielleicht hattest Du neben gut gestellten Weichen auch etwas „Glück“ bei Deinem Hund?
Auch wenn man das vielleicht nicht direkt vergleichen kann: Ich mag auch nicht jeden Menschen und halte mich dennoch durchaus für sozial :-)
Hundekontakte meistern – wie geht das?
Wenn Du Dir darüber den Kopf zerbrichst, dann hast Du wahrscheinlich auch einen Hund, der nicht ganz so einfach im Umgang mit anderen Hunden ist. Lass Dir gesagt sein: Du bist damit nicht alleine. Vielleicht nimmt Dir das schon etwas Druck? Und nicht immer bist Du auch daran „Schuld“. Lass Dir das bitte nicht einreden. Wir können nicht alles kontrollieren und lenken. Einiges bringt Dein Hund bereits aus Genetik und Veranlagung mit. Außerdem gibt es da ja auch noch andere Hundebesitzer, die keine Rücksicht nehmen.
Aber lass uns doch gemeinsam schauen, worauf Du achten solltest, wenn es um das Thema Hundekontakte geht.
Lieber viele Hundekontakte oder lieber gute Hundekontakte? Qualität vs. Quantität
Was wir schon mal festhalten können: Ein Hund muss nicht 20 verschiedene Hunde am Tag kennenlernen. Wenn er damit gut zurecht kommt, ist das schön. Wenn nicht, dann ist das auch nicht schlimm. Gerade bei Hunden, die gewisse Probleme beim Kontakt mit anderen Hunden aufweisen, ist es sinnvoll, dass Du auf die Qualität der Kontakte setzt. Nicht immer macht es die Menge.
Aber was bedeutet in diesem Fall Qualität? Auch das lässt sich nicht pauschal beantworten. Wichtig dabei ist jedoch, dass Du einschätzen solltest, ob der Sozialkontakt für Deinen Hund und Dich passt. Zwar lässt sich das nicht immer komplett kontrollieren (den lieben Hallo-Sagern und Tut-Nixen sowie rücksichtslosen Hundehaltern sei Dank), aber grundsätzlich solltest Du Dir überlegen, was passt und was nicht passt.
Du entscheidest, welchen Kontakt zu lässt
Fällt es Dir schwer, auch mal Nein zu sagen? Mach Dir bitte bewusst, dass Du die Entscheidung Sozialkontakten treffen solltest und dazu gehört auch mal, nein zu sagen. Das kostet anfangs vielleicht Überwindung, aber hierdurch lernst Du auch, selbstsicherer zu werden und das wird sich positiv auf Deinen Hund auswirken. Wenn Du nämlich das Gefühl hast, dass mit einem anderen Hund die Stimmung kippen könnte und Du Dich vor Deinen Hund stellst, lernt er gleichzeitig daraus, dass er sich auf Dich verlassen kann.
Nicht jeder Hund benötigt Kontakt zu fremden Hunden. Viele Hunde sind nach der Pubertät sehr zufrieden, wenn sie ein paar „Freunde“ und ihre Menschen als Sozialkontakte haben.
Und ja, es gibt sie, die Hundebesitzer, die dann meinen, Dich beleidigen zu müssen und alles besser wissen. Brust raus, Schultern zurück – sei selbstbewusst. Denn Du musst Dich am Ende des Tages im Spiegel anschauen können und das bedeutet, dass Du es nicht immer allen recht machen kannst und musst.
Kontakt an der Leine
Wir sind der Meinung, dass Hundekontakte an der Leine zu fremden Artgenossen nicht zugelassen werden sollten. Kennen sich Eure Hunde gut und es besteht kein Konfliktpotenzial, ist es sicherlich mal in Ordnung. Bei fremden Hunden kann es ganz schnell zu Problemen kommen.
Das Problem ist die eingeschränkte Kommunikation, die durch die Leine entsteht. Hunde können nicht ihr natürliches Verhalten zeigen. Dies führt unweigerlich zu Missverständnissen und je nach Hund kann sich dies Entladen. An dieser Stelle ein Tipp: Auch Welpen solltest Du an der Leine nicht zu jedem Hund lassen. So etwas wie Welpenschutz gibt es nicht. Außerdem darf Dein Hund beim Erwachsen werden vielleicht nicht mehr zu anderen Hunden. Es staut sich Frust an, was nicht selten in Leinenaggression endet. Besser ist es, von Anfang an mit Deinem Hund zu trainieren, dass er eben nicht sofort zu Artgenossen stürmen darf.
Übe am besten früh mit Deinem Hund Freigaben. So lernt Dein Vierbeiner, sich zurück zu halten und erst nach Deiner Bestätigung zu einem anderen Hund in zu laufen. Zwar kann dies während der Pubertät mal „vergessen“ werden. Dann heißt es aber für Dich, Konsequenz zu zeigen.
Auch wenn Dein Hund bei einer Begegnung an der Leine freundlich ist – akzeptiere bitte, dass es von anderen vielleicht nicht gewünscht ist und frage lieber vorher. Zwar darfst Du die Entscheidung für Deinen Hund treffen – lasse aber auch andere Hundebesitzer für ihre Hunde entscheiden.
Hundekontakte – Was Du vor dem Ableinen tun solltest
Ein großes Problem bei Hundekontakten ist das Erregungslevel. Erregung bedeutet Stress. Das muss zwar nicht immer direkt negativ behaftet sein. Aber sehr viel Energie bedeutet automatisch, dass das Konfliktpotenzial steigt.
Einigst Du Dich mit einem anderen Hundebesitzer, dass Hundekontakte für beide Seiten in Ordnung sind, ist es hilfreich, wenn Ihr vorab ein paar Meter gemeinsam an der Leine lauft (mit Abstand). Erst, wenn sich die Hunde beruhigt haben, könnt ihr ableinen. So können sich die Hunde auch vorab abchecken und es kommt deutlich weniger zu schwierigen Situationen. Das kann gerade bei den ersten Malen sehr anstrengend werden. Ich weiß es aus Erfahrung. Aber es lohnt sich, dran zu bleiben. Als Vorbereitung kannst Du an der Frustrationstoleranz beim Hund und Impulskontrolle beim Hund arbeiten.
Ableinen heißt übrigens auch nicht gleich Losrennen. Auch nach dem Ableinen kannst Du dafür sorgen, dass Dein Hund noch eine begrenzte Zeit bei Dir läuft. Danach gebt Ihr dann beide Eure Hunde nach Absprache gleichzeitig frei.
Gib Deinem Hund Schutz
Gibst Du Deinen Hund für Hundekontakte frei, kann es passieren, dass ihm etwas nicht geheuer ist. Vielleicht ist der andere Hund sehr groß oder ungestüm? Oder er bedrängt Deinen Hund sehr?
Dann solltest Du Dir merken: Sucht Dein Hund Schutz bei Dir, dann biete ihm auch Schutz. Du solltest dann wie eine Mauer fungieren und den anderen Hund abweisen. Das ist vor allem deswegen hilfreich, weil es Deine Souveränität und Kompetenz unterstreicht. Dein Hund sucht nicht ohne Grund bei Dir Schutz.
Allerdings solltest Du auch genau auf die Körpersprache Deines Hundes achten. Einige Hunde nutzen Dich als Schutz aus und Mobben andere Hunde. Ist das der Fall, solltest Du die Hundekontakte für dieses Mal abbrechen.
Hundekontakte unterbrechen, wenn es „zu doll wird“
Kennst Du den Spruch „die klären das unter sich“? Ich würde es nicht darauf ankommen lassen. Denn nicht jeder Hund ist souverän genug, um schwierige Situationen sinnvoll zu klären. Und souveräne Hunde würden erst gar keine großen Konflikte entstehen lassen.
Verstehen sich die Hunde, dürfen sie auch raufen und balgen. Behalte aber immer das Erregungslevel im Blick. Es gibt nicht umsonst den Spruch „Bis einer heult“. Wird das mutmaßliche Spiel zu doll, solltest Du es durchaus auch mal unterbrechen. Ihr könnt Ruheübungen einbauen. Oder einfach wieder ein Stück an der Leine spazieren gehen. Dies ist eine tolle Übung, damit Dein Hund mit dem anderen Hund nicht nur Party verbindet.
Sozialkontaktstunden / Socialwalks
Einige Hundeschulen und Hundetrainer bieten Sozialkontaktstunden und Socialwalks an. Hier kannst Du unter Aufsicht vieles üben und lernen. Bei Sozialkontaktstunden wird häufig mit Maulkorb gearbeitet. Auch souveräne Hunde werden hinzu genommen. Hierdurch ist es möglich, auch mit schwierigeren Hunden an der sozialen Kompetenz zu trainieren.
Bei Socialwalks bleiben die Hunde normalerweise alle angeleint und es werden keine direkten Hundekontakte zugelassen. Dennoch sind sie wertvoll. Dein Hund lernt, in einer Gruppe anderer Hunde sich normal an der Leine zu bewegen. Wir haben an vielen Socialwalks teilgenommen und es hat uns sehr viel gebracht.
Erkundige Dich gerne mal in Deiner Umgebung, ob bei Euch etwas ähnliches angeboten wird?
Hundekontakte mit einem Hundetrainer üben
Wir kriegen häufig Fragen über die Kommentare, ob wir beim Training behilflich sein können. Natürlich können wir mit Dir hier unser Wissen teilen. Einen kompetenten Hundetrainier vor Ort können wir jedoch nicht ersetzen. Daher möchten wir Dir ans Herz legen: Wenn Du mit Deinem Latein am Ende bist und nicht mehr weiter weißt – dann hol Dir bitte Hilfe.
Es ist überhaupt nicht schlimm, wenn man mit etwas nicht weiterkommt. Schlimm ist es, wenn man den Kopf in den Sand steckt und nichts tut. Natürlich kostet so ein Hundetrainer und im Internet Googlen ist kostenlos. Aber ein guter Hundetrainer hat sein Gehalt bzw. seine Bezahlung mehr als verdient. Und er kann vor Ort einschätzen, wo das eigentliche Problem liegt und an der Grundursache mit Euch arbeiten.
Sind Welpenspielgruppen sinnvoll?
Wie sinnvoll sind eigentlich Welpenspielgruppen? Die klare Antwort: Das kommt ganz drauf an. In manchen Hundeschulen werden einfach ein paar Welpen zusammen gesetzt und sie dürfen „spielen“. Dadurch sollen sie sozialisiert werden. Aber erinnere Dich bitte daran, dass wir gesagt haben: Es kommt nicht immer unbedingt auf die Menge der Hunekontakte an.
Welpenspielgruppen können Sinn machen. Aber nur dann, wenn sie auch gut geführt werden. Ein Beispiel: Kleine Hunderassen sollten nicht von großen Hunderassen andauernd über den Haufen gerannt oder gemobbt werden. Ansonsten könnten sie ein Problem mit großen Hunden entwickeln.
Es ist hilfreich, wenn in einer Welpenspielgruppe auch erwachsene, souveräne Hunde dabei sind. Auch solltest Du Dich darauf verlassen können, dass der Hundetrainer einschreitet, wenn eine Grenze überschritten wird.
Außerdem ist es auch nicht zielführend, nur eine Spielgruppe zu besuchen. Wichtig ist, dass zwischendurch bzw. am besten am Anfang und am Ende trainiert wird und nur ein mittlerer Teil zum Spielen genutzt wird. Denn so lernen Welpen direkt, dass ein Hundeplatz nicht nur Party bedeutet. Das macht es Dir später leichter.
Hundesprache lernen – Spiel ist nicht gleich Spiel
Beschäftige Dich eindringlich mit der Hundesprache. Denn häufig denken Hundebesitzer, ihre Hunde spielen und es ist gar kein Spiel. Wenn Du das Gefühl hast, dass irgendwas nicht stimmt, dann verlass Dich auf Dein Bauchgefühl und unterbreche auch mal ein Spiel. Lass Dich nicht von der Meinung anderer Hundebesitzer beeinflussen. Mir ist bewusst, dass man nicht „blöd dastehen“ möchte, allerdings solltest Du die Entscheidung im Sinne Deines Hundes treffen (oder im Sinne des anderen Hundes, wenn Deiner der Raudi ist).
Hundekontakte – alles kann nichts muss
Der wichtigste Grundsatz bei der Diskussion über Hundekontakte ist, dass beide Seiten damit einverstanden sein müssen. Aus unserer Sicht hat das etwas mit Respekt und Umsicht zu tun. Sprich also einen anderen Hundebesitzer erst an, ob ein Kontakt in Ordnung ist. Wenn dieser das ablehnt, akzeptiere bitte die Entscheidung. Niemand muss sich rechtfertigen.
Wenn Ihr Euch einig seid, könnt Ihr Euren Vierbeinern natürlich Hundekonakte ermöglichen. Und ganz ehrlich: Wer liebt es nicht, seinen Hund toben zu sehen? Aber nicht für jeden Hund ist das schön. Wenn Dein Hund nicht fein mit dieser Art von Sozialkontakten ist, dann zwinge ihn bitte auch nicht. Meistens reichen auch bekannte Hundegesichert und die Bezugspersonen, um ein glückliches und zufriedenes Hundeleben zu führen.
Aber nun erzähl Du uns doch gerne: Wie handhabst Du Hundekontakte? Wie geht Dein Hund mit anderen Hunden um? Wir freuen uns über Dein Kommentar. Selbstverständlich sind auf Fragen herzlich Willkommen.
Bildnachweise: depositphotos.com Couple of island dogs heaving fun together at the beach. @ Stockcrafter, Dogs sniffing @ budabar und Dogs playing @ raywoo
Pingback: Begegnung mit anderen Hunden - Mein Hund will immer spielen